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DIE IDEE DES POOLS IST DIE WEITE

Sid Gastl/Bettina Scholz


Die Ausstellung von Sid Gastl und Bettina Scholz ist ein beabsichtigter Clash, ein inszenierter Aufprall zwischen zwei scheinbar völlig unterschiedlichen Bildwelten. Trotz der offensichtlichen Unterschiede zwischen abstrakt-amorphen und konkret- gegenständlichen Bildern, gibt es Parallelen, die vor allem in den besonderen atmosphärischen Verdichtungen zu finden sind. Beide Künstler arbeiten an einem Hervorbringen von Welt, das die geistig-fiktive Dimension des Daseins in die Welt der Dinge und Materien zu gießen sucht und umgekehrt. In der Philosophie wurden, angefangen von Platon bis hin zu Descartes und Hegel, immer wieder Versuche unternommen das Verhältnis von innerer Wirklichkeit und äußerer Wirklichkeit durch Ideenlehren zu definieren. Die Vorstellung, die sich der Geist von den Dingen der Welt macht, ist auch der Grundstoff für die Bildproduktion von Sid Gastl und Bettina Scholz.

Die Idee des Himmels ist die Transzendenz, die Idee des Raumschiffes ist die Idee des Aussteigens und der Suche nach Erkenntnis, Die Idee des Waldes ist Undurchdringlichkeit und Hermetik., die Idee des Meeres ein unbezwingbarer, formverneinender Sehnsuchtsort.

Die Auseinandersetzung mit diesen Ideen ist bei beiden Künstlern der Formfindung vorgelagert. Die Bilder von Bettina Scholz bewegen sich dabei immer zwischen den Polen Schönheit und Bedrohung, die sie als Grundidee des Lebens an sich voraussetzt. Durch das Zusammenschütten und Zusammenführen von uralten und ganz neuen Elementen findet sie Formeln für reale und imaginierte Vorstellungen von Welt und macht visuell große zeitliche Sprünge: Ihr Interesse für Sakrales und Banales, für gotische Malerei, aber auch für Science Fiction flackert in den Tiefen der geschichteten Glasbilder auf. Diese Bilder gleichen einer Selbstreflexion unseres Geistes über seine Wahrnehmungen, Empfindungen und Ordnungssysteme und bleiben dabei ungehorsam gegenüber eindeutigen Metaphern und übersetzungen. Die ruhelose Eigendynamik ihrer Weltgenerierung, führt bisweilen zu überbordenden, barock-opulenten Formereignissen, wenn sich materielle Dinglichkeit aus dem Schlamm der Möglichkeiten herausbildet.

Der Ansatz und auch die Herangehensweise von Sid Gastl und Bettina Scholz unterscheiden sich stark, gleichzeitig jedoch gibt es eine ähnlichkeit, was die suggestive Wirkung der Bilder betrifft. Gastl akzeptiert zwar die äußere Erscheinung der Dinge in ihren Grundkoordinaten, setzt aber die Welt, aus einer Vorstellung heraus, neu zusammen. Eine wesentliche Bedeutung kommt hier dem Licht zu. Jedes Bild hat ein starkes, einzigartiges Licht, das scheint als wäre es nur in diesem Moment sichtbar für ein paar Sekunden. Gleichzeitig ist es im Bild wie ewig festgehalten, als wäre es kein physikalisches Phänomen sondern ein grundsätzlicher Seinszustand. So geht es, etwa bei den Waldbildern, um eine Vorstellung von Dinglichkeit, die unser seelisches wie assoziatives Spektrum, auf die Welt der Dinge und Erscheinungen anwendet, um so neue Konstellationen zu generieren, die unser inneres Bild von der äußeren Welt in Rotation versetzen. Tradierte Klischees die der Begriff Wald aufruft, greifen hier nicht. Die Bilder von Interieurs, die sich über große Fenster weit nach außen öffnen, verhandeln eine unauflösbare Gleichzeitigkeit von Innenraum und Außenraum. Die Differenzen fallen zusammen und bilden etwas neues, komprimiertes und hochemotionales.

Sid Gastl und Bettina Scholz reizen die Möglichkeiten der Dramatik und Verdichtung aus und setzen einen Prozess der Umwandlung und Veränderung in Gang. Durch den erweiterten Kunstbegriff und die formale Radikalität der Moderne geriet in Bezug auf die Malerei etwas in Vergessenheit, was man als den Urgrund der menschlichen Bildproduktion begreifen könnte. Malerei ist in der Lage, etwas zu geben, was wir auf der geistig-existenziellen Ebene zum Verarbeiten der Welt benutzen können. Sie entwickelt eine, mit anderen Medien und Methoden nur schwer vergleichbare visuelle Sprache, welche die immer wieder unbegreifliche Differenz zwischen der faktisch, materiellen Dingwelt und der Idee von Dingen “ im Sinne eines geistigen Universums “ sowohl beschreiben als auch auflösen kann. Diese Synergie liegt im Wesen der Malerei, weil sie im Kern beides ist. Ihre Wirkung liegt in ebenso hohem Maße im Materiellen wie auch im Geistigen.



THE IDEA OF THE POOL IS VASTNESS

Sid Gastl/Bettina Scholz


The exhibition featuring Sid Gastl and Bettina Scholz is very much a deliberate clash or staged impact between two seemingly divergent visual worlds. Despite obvious differences and contradictions between the artists' abstract-amorphous and concrete-representational paintings, there are also strong parallels to be found, particularly in the oddly atmospheric condensation of the two poles. Both artists work towards generating or manufacturing a space, a world even, in which the ghostly fictitious dimension of being is poured into the world of matter and things, and vice versa. Starting with Plato and spanning to Descartes and Hegel, philosophy has sought to define the relationship between inner and external reality via ideology.

How the spirit might imagine the things of this world—this is the base element that helps fuel both Sid Gastl's and Bettina Scholz's image production.

The idea of heaven is transcendence; the idea of the spaceship is the idea of opting out and the search for illumination; the idea of the forest is impenetrability and hermeticism; the idea of the ocean is a shape-shifting, indomitable place we long for.

Examining these ideas is integral to the form-finding process for both artists. In doing so, Bettina Scholz creates works that hover somewhere between beauty and threat, two extremes she sees as being part of the primeval idea of life itself. By mixing and merging ancient and new elements, Bettina Scholz finds formulas for real as well as imagined notions of the world, leaping far and wide through history with her visual approach. Flickering in the depths of her layered glass paintings we might catch glimpses of her love for the sacral and banal, for Gothic painting, for science fiction. These paintings are not unlike the self-reflections of our own spirit, contemplating perceptions, sensations and classification systems, all the while refusing to align with obvious metaphors or translations. Their worlds come into being through a perpetual, indefatigable momentum which occasionally results in baroquely opulent forms— concrete materiality rising from the muddy waters of possibility.

Though their starting points and artistic approaches are quite different, Sid Gastl's and Bettina Scholz's works produce a similarly suggestive effect. While Gastl accepts the outwardly appearance of things without changing their elemental coordinates, he reconfigures the world in which they might appear. In this world – which stems from a moment of imagination – light plays a particularly important role. Every painting has its own, powerful light, visible only, so it seems, for but a moment. And yet there it is, captured (or caught?) forever within the painting, as though it were not a physical phenomenon but a fundamental state of being. The forest paintings, for instance, speak of an idea of materiality that applies both our associationist spectrum and the spectrum of the soul to the world of things and appearances, thus creating new constellations that displace the rotation of our internal image of the external world. More traditional clichés associated with (the idea of) the forest find no footing here. Paintings of interiors, opening out into the vastnessbeyond via large windows, present an inextricable simultaneity of inside and outside. Differences implode, forming something new, compressed, richly emotional.

Sid Gastl and Bettina Scholz explore the possibilities provided by all that is dramatic, all that is condensed, thus setting a process of transformation and reorganisation into gear.

With Modernism's formal radicalism and wider definition of art, the primeval motivation for human image production (or what some might consider this as being) fell somewhat into obscurity. Painting can give us something that we may then apply to help us process the world on an existential level. It develops a visual language that is not readily comparable with other media or methods, one that both describes and dissolves the unfathomable difference between the factual, material world of things and the idea of things. This synergy pulses through painting, because painting, in its core, is both at once. The effect generated by painting is therefore also in equal parts material and immaterial, intangible, spiritual.